Einen anderen Weg wollten die
Verantwortlichen der Nördlinger Frauenliste anlässlich des
internationalen Frauentages heuer einschlagen: Statt wie
bisher auf eine politische Veranstaltung zu setzen,
präsentierte man diesmal Kabarett. Der Versuchsballon erwies
sich gleich in zweifacher Hinsicht als Volltreffer. Denn zum
einen fanden kaum erwartete 125 Besucher den Weg in den
Schrannensaal und zum anderen begeisterte Lioba Albus mit
ihrem Programm „Von der Göttin zur Gattin“ mehr als zwei
Stunden lang das Publikum.
Dabei schlüpft die Künstlerin in mehrere
Rollen, thematisch bedingt natürlich vorwiegend in prägnante
Frauenrollen. Den Auftakt macht „Mia Mittelködder“, Ehe
erprobte Mitt-Sechzigerin, die es nicht schlimm findet, wenn
der beleidigte Gatte schweigt („mehr Platz für weibliche
Fantasien“). Und die genau weiß, wie sie mit ihrem Gustav
umgehen muss: „Wenn man als Frau den richtigen Ton trifft,
schwimmt der Mann in einem Meer von Testosteron.“ Denn, der
Durchschnittsmann „sucht keine Frau, sondern eine
Zweitmutter“, und so wartet Frau meist vergeblich auf
Komplimente („Texte, die Mann nicht auf der Festplatte
hat“).
In der Folge beweist Lioba Albus, dass
sie auch gesellschaftliche und politische Themen geschickt
in ihr Programm einzuflechten weiß. So spannt sie den Bogen
über „Mother Merkel“ („Toll, dass sie die alten Sakkos ihres
Mannes aufträgt“) und deren Flüchtlingspolitik bis hin zum
mangelhaften Gebärwillen deutscher Frauen („der germanische
Eierstock hat’s ein bisschen verlernt“). Doch zum Trost für
alle Kinderlosen wird mit drastischen Worten beschrieben wie
ein „pubertierendes Rattenpack“ in kürzester Zeit eine
Wohnung „befallen“ und verwüsten kann.
Mit präziser Sprachgewalt und
Formulierungskunst zeichnet die ausgebildete Schauspielerin
Lioba Albus ihre Bühnenfiguren und wagt sich in einer der
lustigsten Nummern sogar in eine Männerrolle. Dabei gerät
eine allzu ehrliche Lobesrede für den Kumpel unter
Alkoholeinfluss völlig außer Kontrolle: Das einst so coole
Geburtstagskind Günter wird als impotenter Spießer enttarnt
und die Untreue seiner Ehefrau („blutleeres
Pantoffeltierchen“) offenbart, bis die heile Scheinwelt der
Neureichen krachend in sich zusammenstürzt.
Die Sauerländerin Lioba Albus präsentiert
in Nördlingen ein pointiertes und spritziges
Kabarettprogramm rund um den Geschlechterkampf, indem sie
„die Testosteron- und die Östrogenfraktion“ genau
beobachtet. Natürlich werden Männlein („was brauch ich ‘nen
Sixpack, wenn ich mir ein Fässchen leisten kann?“) wie
Weiblein („mit teurem Schmuck behangene Trockengrotten“)
satirisch überzeichnet. So bietet die sehr spezielle
Interpretation der menschlichen Schöpfungsgeschichte
zahllose hintersinnige Nadelstiche. Und wer kann sich beim
geschilderten Badehosenkauf für den übergewichtigen Ehemann
oder irrwitzigen Erlebnissen im Whirlpool die ungezügelte
Schadenfreude verkneifen?
Das vorwiegend weibliche Publikum ist
begeistert, obwohl Lioba Albus auch ihre
Geschlechtsgenossinnen nicht schont. Mit lang anhaltendem
Beifall wird die Künstlerin verabschiedet, hat sie doch ein
(nicht ganz ernst gemeintes) Ziel ihres Programms
zweifelsfrei erreicht: eine „Übungsstunde“ zum Überleben in
der „Empathie-Wüste Ehe“.
Rieser Nachrichten vom 15.
März 2016 |